Vereine und VerbändeVom Gemeinschaftsbackhaus zum Dorfbäcker

In den früheren Jahren war die Landbevölkerung Wittgensteins mit den von ihnen erzeugten Lebensmitteln zur Ernährung auf sich selbst gestellt. So wurde von dem Getreide, das auf ihren Feldern wuchs, auch Brot gebacken. Das Bäckerhandwerk war bis etwa um die Jahrhundertwende in vielen Dörfern noch unbekannt. In den bäuerlichen Familien wurde das Brot selbst gebacken. Das Brotbacken war eine Arbeit der Frau. Sie verstand sich als gute Lehrmeisterin ihrer Vorfahren, geschickt auf diese Arbeit, aus der ein nahrhaftes, wohlschmeckendes Brot entstand. Wenn Backtag war, dann erfüllte der angenehme Duft frischen Brotes die Stuben und die Nachbarschaft des Hofes.

Die Bevölkerung in den Dörfern nahm zu. Wegen der Brandgefahr und der Holzknappheit sollten nicht immer mehr Familien ihr eigenes Backhaus bekommen. Je nach Größe der einzelnen Orte waren für die Dörfer nur zwei bis drei Backhäuser vorgesehen oder genehmigt. Dadurch entstanden die Gemeinschaftseinrichtungen mit ihren Eigentümern, die beim Amtsgericht in Berleburg eingetragen waren. Hiermit konnten die einzelnen Familien nach einer bestimmten Arbeitsordnung ihr Brot backen.

Das Backhaus lag gewöhnlich in der Mitte des Dorfes. In Wemlighausen wurden drei Backhäuser errichtet, weil das Dorf sich länglich durch das Tal ausbreitete. Eins fürs Unterdorf, das zweite fürs mittlere Dorf und das dritte fürs Oberdorf. Die Backhäuser standen einzeln und möglichst an einem Wasserlauf, da beim Brotbacken auch Wasser benötigt wurde und es konnten größere Brände schneller abgewendet werden. So kann man davon ausgehen, dass diese ersten Gemeinschaftsbackhäuser 100–150 Jahre genutzt und gepflegt wurden.

Aber schon im Jahre 1870 bekam Wemlighausen seinen ersten gelernten Bäcker, der mit dem Bau eines Lehmbackofens in der Küche begann und sein selbst gebackenes Brot an die Bevölkerung verkaufte. Es war der gelernte Bäcker Wilhelm Weber aus Amtshausen. Er heiratete Karoline Kroh in Benfershermeshaus „An der Hohle 4“ und gründete mit ihr die erste Bäckerei. Er absolvierte seine Lehre bei der Bäckerei Herling in Erndtebrück von 1858–1861.

Backhäuser früher und heute

Nachdem die Backhäuser in den Dörfern in den 50er- und 60er-Jahren nur noch wenig genutzt wurden und dem Verfall preisgegeben waren, ist es einer Initiative des damaligen Heimatpflegers Wolfgang Kreutter zu verdanken, dass heute viele Schornsteine wieder rauchen. Auf seine Anregung hin fanden sich in einigen Ortschaften im Berleburger Raum Gruppen zusammen, die nicht nur die Backhäuser restaurierten, sondern auch die Tradition des Brotbackens zu neuem Leben erweckten. Bereits im Jahr 1979 wurde in unserem Heimatgebiet Siegen-Wittgenstein mit dem Wunsch an den Landesverband Westfalen-Lippe in Münster herangetreten, die dörflichen Backhäuser im Kreisgebiet durch denkmalpflegerische Zuwendungen zu erhalten. Nach der Bestandsaufnahme der Backhäuser wurde entschieden, welche Häuser für eine Restaurierung geeignet seien. Das 1936 erbaute Backhaus „An der Heiderbrücke“ vor dem Sportplatz wurde 1984 restauriert und unter Denkmalschutz gestellt.

Zwischen Werner Dickel (Wessefritzeshaus) und Ortwin Aderhold (Kellershaus) stand bis zum neuen Straßenbau in den Jahren 1969–1971 noch ein schon verfallenes Backhaus für mindestens 12 Eigentümer, die beim Amtsgericht in Berleburg eingetragen waren.

Karl Fuchs NölgeschneidersEmilie BochemKrohjusts
Adolf DickelDickelschustersAnna WahlChrists
Heinrich AderholdLotzesErnst W.LückelBauhaus
Ernst NöllingDrehwilhelmsHeinrich LückelNölges
Lissi HomrighausenUnegrundsLudwig BornBorns
Heinrich Homrighausen EnesKarl DickelDickelkarls
Heinrich LückelAltehermes

Nach 1954 wurde wahrscheinlich nicht mehr dort gebacken. Durch den Straßenbau wurde alles weggeräumt.
Ein weiteres altes Backhaus hat mitten im Dorf, etwas oberhalb der Durchfahrt und später neben der Brücke über das Marienwasser gestanden. Durch den Straßen-und Brückenbau musste auch dieses alte Backhaus weichen. Teilhaber an der Backhausgemeinschaft:

Wilhelm SchlapbachKrämersGeorg WahlSchmedde
Friedrich HomrighausenWagnersFritz-Adolf FrettlöhSchneiders
Heinrich SonnebornPeiwelsLudwig KrämerBenderlots
Friedrich GrebeGrebesFritz WeberSchüsterhermes
Christian GrauelFeldinesLuise DienstDiensts

An der Straßenseite, gegenüber von Dickel Kiepe befand sich das Backhaus für das Oberdorf. Das Backhaus gehörte mit Grund und Boden zu Kiepe. Auch dieses Backhaus musste dem neuen Straßenbau weichen. Teilhaber der Gemeinschaft:

Paul AderholdRiedeselsHeiner LückelSpieses
Christian StengerHobesChristian KrämerHansjörges
Heinrich DickelNeuhausDittmannSchusters
AderholdPioniersTschosnigWahl

Herstellung des Brotteigs

Der Backtrog wurde am Vorabend des Backtages in die wärmere Küche des Hauses geholt. Ein Teil des Sauerteiges (1 kg), den man benötigte, um den Vorteig anzufertigen, wurde in dem Haus abgeholt, wo zuletzt gebacken wurde, denn der letzte „Bäcker“ musste einen Teil Sauerteig für den nächsten aufbewahren. 70 kg Roggenmehl, 2 Pfund Salz und 20 Liter lauwarmes Wasser kamen in den Backtrog, und alle Zutaten wurden verrührt, vermengt und geknetet, damit sie bis zum nächsten Morgen durch den Sauerteig „gehen“ konnten.

Morgens wurde der nun durchgesäuerte Teig mit weiterem Mehl kräftig geknetet, bis er die Festigkeit hatte, um Brote zu formen. War der Teig allerdings nicht richtig „gegangen“, lag dies oft am Mehl, denn dann war das Getreide nicht reif und trocken genug gewesen. Es wurde „Knatz“ gebacken.

Im späten Herbst konnten nach dem Brotbacken auch noch Äpfel und Zwetschgen getrocknet werden, die im Winter als Trockenobst gegessen werden konnten.

 

Frauen beim Brotbacken

Frauen beim Brotbacken

Opa Heiner (Spieses) im Backhaus

Opa Heiner (Spieses) im Backhaus

Die Außengehöfte:

Rüsselsbach

Winterbach

Nöllingshaus

Heidebach

hatten ihre eigenen Backhäuser. Sie sind fast alle noch funktionstüchtig.

Ab etwa 1948, als die D-Mark kam, ließen sich die Familien, die Getreide angebaut hatten, vom „Bäcker“ das Brot backen, nachdem es beim „Müller“ gemahlen worden war. 6 Pfennige verlangte der Bäcker für ein Brot. Er führte ein „Gebackbuch“, worin genau zu ersehen war, wie viel Roggenmehl geliefert wurde und wie viele Brote er damit backen konnte. Ab den 60er-Jahren kaufte der Bäcker Mehl zu, und es wurde nur noch vereinzelt Mehl zum „Bäcker“ gebracht.

Backhäuser Schüllar

Auch in Schüllar gab es drei Backhäuser mit ihren Backgemeinschaften von etwa 15 Mitgliedern. Das Backhaus „Schüllarhammer“ ist Anfang der 60er-Jahre abgerissen worden. Auf dem Grundstück steht heute das Feuerwehrgerätehaus. Ebenso wurde das Backhaus „Am Dich“ in den 50er-Jahren wegen Baufälligkeit und mangelnden Interesses abgerissen. Das Backhaus bei „Friedersch“ ebenfalls. Dieses Grundstück gehörte der Familie Homrighausen „Schreiners“ und ist heute Standort einer Trafostation.

Im Außengehöft Kreutter („Florins“) stand ebenfalls ein geräumiges Backhaus. Milli Kreutter hat noch bis 2013 darin gebacken.

Geschichte der Backhausgemeinschaft Wemlighausen e.V.

„Förderung des Heimatgedankens und der Heimatkunde, insbesondere durch Pflege und Erhaltung des denkmalgeschützten Backhauses mit dem dazugehörigen Grundstück. Der Bevölkerung soll als Erinnerung eine in früheren Zeiten übliche Handhabung, in festen Backhäusern das Brot für die Menschen in der näheren Umgebung zu backen, erhalten und weitergeführt werden.“
(Auszug aus der Satzung der Backhausgemeinschaft)

1932 war wirtschaftlich eine unsichere Zeit. Die Brotpreise waren sehr hoch, und die Anwohner der Heiderbrücke fanden keinen Zugang in den Backhäusern in Wemlighausen, um ihr Brot zu backen. In diesem Jahr fanden sich sechs Familien der Heiderbrücke zusammen, um ihr eigenes Backhaus zu bauen und nicht auf die Wemlighäuser Backhäuser angewiesen zu sein. Die Gründerfamilien waren: Fam. Friederich Aderhold, Fam. Heinrich Frank, Fam. Karl Hoppe, Fam. Georg Knebel, Fam. Georg Müsse und Fam. Georg Wahl. Die Familien verknüpften ihre Grundstücke mit dem Backhausgrundstück mit einem Vertrag, der den Verträgen von Bleichwiesen entspricht. Im gleichen Jahr erwarben die Familien von der Gemeinde Wemlighausen das heutige Grundstück, auf dem das Backhaus steht. Das Grundstück führt die Flurbezeichnung „An der Müllstatt“. Der Name des Flures erklärt vielleicht den Grund für den Verkauf dieses Grundstücks an die Backhausgemeinschaft.

1934 konnte die Backhausgemeinschaft ein verfallenes Backhaus in Aue erwerben. Dieses Backhaus in Aue fand in amtlichen Unterlagen um 1750 Erwähnung. Die Steine, besonders die Ofensteine und die Eisenmonturen, wurden von Aue nach Wemlighausen transportiert. Der Bau des Backhauses erfolgte ab den Wintermonaten 1934 und zog sich bis 1936 hin. Der Backofen wurde 1935 mit dem Material aus Aue von einem unbekannten Ofenbauer errichtet. Zeitgleich baute auch der „Hof Alter Graben“ einen Backofen. Die Bauweise des Ofens und die Maße sind sehr ähnlich. Dies könnte ein Hinweis sein, dass beide Öfen vom gleichen Ofenbauer errichtet wurden. Ab 1936 kann ein regelmäßiger Betrieb im Backhaus Wemlighausen nachgewiesen werden.

Backhaus an der "Heiderbrücke"

Backhaus an der „Heiderbrücke“

Die Backhausgemeinschaft Wemlighausen e.V. wurde am 28.03.2008 gegründet. Der Vorsitzende des Vereins war Karl-Heinz Lückel. Die Vereinsmitglieder setzten sich aus den Eigentümern der Grundstücke zusammen, die auf die Grundstücke der Gründerfamilien zurückgehen. Die gegenwärtigen Mitglieder sind die Fam. Dickel, Fam. Feige-Meyer, Fam. Grund, Fam. Hegemann, Fam. Knebel, Fam. Lückel, Fam. Traut und Fam. Schukies.

Der Vorstand setzt sich zusammen aus Kassiererin Stefanie Knebel, Schriftführer Hans-Jürgen Nathe und dem Vorsitzenden Nicolai Hegemann.

Erhalten von Herrn Hegemann, Febr. 2025/Süreth

Änderung vorschlagenLetzte Aktualisierung am 19. September 2025.