Chroniken und SehenswürdigkeitenKirche in Schüllar-Wemlighausen

Neben der Pfarrei Schüllar gab es in der heutigen Kirchengemeinde Berleburg eine zweite Siedlung namens „Odeborn“. Die Odebornskapelle unterhalb des heutigen Krankenhauses diente von 1632 bis 1827 den Einwohnern von Schüllar-Wemlighausen als Gottesdienstort. Auch die Beerdigungen der Verstorbenen aus Schüllar-Wemlighausen fanden dort bis zum Jahr 1845 statt. Die Kapelle wurde schließlich wegen Baufälligkeit geschlossen.
Im Jahr 1837 genehmigte die Königlich Preußische Regierung den Abbruch der Odebornskapelle. Bauunternehmer Kemper verwendete unter anderem Holz und Dachschiefer der Ruine für den Neubau des Schulgebäudes in Schüllar-Wemlighausen. Die Einweihung der Schule erfolgte am 21. Oktober 1839 durch Superintendent Kneig im Beisein von Fürst und Fürstin.
Von diesem Zeitpunkt an fand alle 14 Tage ein Gottesdienst in der neuen Schulkapelle statt.
(Eingefügt aus: „Chronik über die Entstehung und Nutzung des Gebäudes ‚Unter der Kirche 4‘“ von Günter Wahl, zusammengestellt von Philipp Wahl)
Es dauerte weitere 70 Jahre bis sich ein Kapellenverein gründete und auf den Weg machte, unter großer Mühe und Anstrengung den Kirchenbau auf der Anhöhe zwischen Schüllar und Wemlighausen umzusetzen.
Der Grundstein für die Odebornskirche wurde am 16. Septemebr 1906 gelegt. Der Wunsch der Gemeinde war es, dass ein Gotteshaus in romanischer Stilform nach dem Vorbild der Kirchen von Arfeld, Raumland und Elsoff mit 300 Sitzplätzen gebaut werden sollte.
Die Besonderheit ist, dass die Kirche zwei Kircheneingangstüren hat: eine für die Einwohner von Schüllar und eine für die Wemlighäuser, was bis heute auch noch so gehandhabt wird.
Die Kirche wurde 1907 in Anwesenheit der fürstlichen Familie eingeweiht und bekam den Namen Odebornskirche, zur Erinnerung an die alte Odebornskapelle unterhalb vom Krankenhaus.

Mehrere Ausstattungsstücke erinnern an das gute Verhältnis zwischen der Kirchengemeinde und dem Fürstenhaus. So sind beispielsweise die Fenster Stiftungen des Fürsten Richard (verstorben 1925). Eines der Fenster ist mit dem Wappen der Familie zu Sayn-Wittgenstein und dem Sinnspruch ihres wohl bedeutendsten Vertreters, des Grafen Ludwig des Älteren versehen:
Simulatum nullum diuturnum, übersetzt : Was vorgetäuscht ist, wird keinen Bestand haben.
Seine Ehefrau Prinzessin Madeleine schenkte den Altar. Das Taufbecken wurde von zwei Prinzessinnen gestiftet.



Auf der Empore der Kirche befindet sich eine reservierte Bank mit einer Krone, die der fürstlichen Familie vorbehalten ist.
Im Internet findet sich bei der Forschungsstelle für Glasmalerei des 20. Jahrhunderts unter dem Eintrag „Odebornskirche“ eine Dokumentation mit Grundriss der Kirche, Außen- und Innenansichten sowie sämtlichen Fenstern. Die Chorfenster sind beschrieben als Ornamentfenster aus Kathedralglas mit Blei und Schwarzlot. Die Seitenfenster werden als Rautenmuster mit Rahmenbordüre angegeben.
In der Sakristei tragen zwei Fenster eine Stifterinschrift: „Gestiftet von Friedrich Feige, Louisville.“
Friedrich Georg Ludwig Feige wanderte als Siebzehnjähriger mit seiner vierzehnjährigen Schwester 1869 nach Amerika aus. 1879 folgten die Eltern und weitere acht Geschwister. Sie ließen sich alle in Louisville, Jefferson County in Kentucky nieder. Friedrich erlernte das Schuhmacherhandwerk und heiratete 1874 eine deutsche Auswanderin aus Heidenheim. Sie bekamen fünf Kinder. Er machte sich selbständig und war mit seinem Geschäft sehr erfolgreich. 1907 und 1913 besuchte er mit seiner Frau Anna die alte Heimat und stiftete bei einem dieser Besuche der Kirchengemeinde ein künstlerisch gestaltetes Fenster für die Sakristei der Kirche.
Im Turm der Kirche befinden sich drei Glocken, aus Stahl gegossen beim Bochumer-Verein in Bochum. Die beiden ältesten stammen von 1912, die dritte wurde vom Berleburger Fabrikanten Fritz Stark gestiftet.
Im Jahr 2005 wurde eine neue Orgel von der Firma Noeske aus Rothenburg angeschafft.
Diese Informationen stammen aus dem Buch: „Die Kirchen des Kirchenkreises Wittgenstein“,
Herausgegeben von Johannes Burkardt, Andreas Kroh u. Ulf Lückel
Odebornskirche
Die Ausgabe des Gemeindebriefes Juni bis September 1996 handelt überwiegend von der Odebornskirche in Schüllar-Wemlighausen, denn sie hat in diesem Jahr Geburtstag. Gefeiert wird die Grundsteinlegung vor 90 Jahren. Der Grundstein befindet sich im Sockelbereich zwischen den beiden Treppen. (Besucher der Kirche dürfen gern einmal danach suchen.)
Er trägt die Jahreszahl 1906. Der damalige Superintendent Dickel aus Arfeld wählte für seine Ansprache das beziehungsreiche Wort aus 1. Petrus 2, das die Christen auffordert, zu Christus als dem lebendigen „Eckstein“ zu kommen, ja sich selbst als „lebendige Steine“ im Haus der Gemeinde zu erweisen. Ein schönes Bild, wie ich finde – es zielt auf die Menschen, die die Gemeinde sind oder bauen.
Als der große Berliner Dom vor wenigen Jahren wieder eingeweiht wurde, sagte der Präses der Rheinischen Kirche, Beyer: „Das Evangelium braucht keine Dome.“ (Wie recht er hat.) Nicht das Gebäude und sein kunstgeschichtlicher Wert stehen im Vordergrund, sondern in erster Linie der Zweck. „Kirche“ meint sowohl das Gebäude als auch die Versammlung der Gemeinde.
Das Presbyterium wollte vor über 90 Jahren ein Gottes- und Versammlungshaus für Schüllar-Wemlighausen, damit auch nach außen hin sichtbar wurde, dass hier Christen wohnen, arbeiten, leben und sich im Namen Gottes versammeln.
Für die Gemeinde ist das ein Grund zum Freuen und Feiern. Dazu sind alle Gemeindeglieder der Ev. Kirchengemeinde – auch die Kurstädter – herzlich zum Gemeindefest nach Schüllar-Wemlighausen eingeladen. Es findet am 25. August 1906 seinen Anfang mit einem Festgottesdienst in der Odebornskirche und seine Fortsetzung mit einem Gemeindefest auf dem Sportplatz.
Verfasser: D. Schnell, Pfr.
Dem Besucher der Odebornskirche in Schüllar-Wemlighausen bleibt die Ausmalung des großen Bogens, der Kirchenschiff und Chorraum verbindet, nicht verborgen.

Die beidseitig angebrachten Weinreben mit Blättern und Trauben erinnern an das Wort Jesu in Johannes 15, Vers 8:
„Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.
Wer in mir bleibt und ich in ihm, der trägt viel Frucht;
Denn ohne mich könnt ihr nichts tun“.
Mit dieser Bildrede Jesu hatten seine damaligen Zuhörer keine Schwierigkeiten. Weingärten und Weinberge mit Anpflanzungen waren für sie ein sehr vertrautes Bild.
In diesem Vers stellt sich Jesus als der vom Vater gepflanzte Weinstock vor, mit seinen Wurzeln fest gegründet in dem Ackerboden Gottes. Damit ist er mehr als nur Stamm oder Rebholz. Aber auch die von ihm genannten Reben sind keine eigenständigen Pflanzen. Sie können nur Reben sein, wenn sie organisch mit dem Weinstock verbunden sind. Und nur der Saft des Weinstocks, der sie durchströmt, kann die Fruchtentwicklung fördern. Ein Bild für die Einheit des Gewächses. Es soll aber gleichzeitig Bild für die christliche Gemeinde zur Zeit Jesu bis heute sein und führt, recht verstanden, zu einer frohmachenden Abhängigkeit.
Jesus der Weinstock, das ist der Lebensbaum der Gemeinde. Das „Bleiben in ihm“ meint keinen ruhenden Besitz, sondern verlangt Bewegung und Arbeit. Es ist begründet in der unerschütterlichen Liebe Jesu zu uns Menschen. Sein Wort von der Vergebung macht den Kanal frei, sodass der fruchtschaffende Lebenssaft fließen kann. Durch diese Zuwendung sind wir in seine Gemeinschaft hineingenommen.
Sie geschieht im Hören auf das Wort, im Gebet, unter dem Zuspruch der Vergebung und unter dem Anspruch seines Liebesgebotes. Der wechselseitige Austausch zwischen ihm und uns Menschen ist der Boden aller Fruchtbarkeit.
So wird deutlich, dass Reben von sich aus keine Trauben (Früchte) produzieren können. Früchte wachsen nur, solange sie mit der Fruchtpflanze Verbindung haben.
Frucht? Heißt das, Erfolg haben, beruflichen Fortschritt, vorbildliches Familienleben, Erhöhung des Lebensstandards, Meisterleistungen in Sport, Kultur und Wissenschaft? Gewiss sind diese genannten Dinge auch gute Lebensfrüchte und nicht zu verachten.
Frucht im Sinne des Bibelwortes ist nie losgelöst vom Ursprung (Weinstock) zu sehen. Sie hat immer mit Jesus und dem Vater zu tun. Frucht will den Vater (Gott) verherrlichen (Joh. 15,8).
Welche Früchte meint Jesus in seinem Wort? Ich nenne nur einige:
- Vertrauen auf die Kraft und Liebe Gottes
- Kraft zur Vergebung / Frieden stiften
- Nächsten- und Feindesliebe
- Hoffnung und Gewissheit auf ein Lebensziel mit Jesus Christus
- Vertrauen in Gottes Zukunft und neue Welt
Das alles geschieht aber nicht auf einmal, sondern in Wachstumsabschnitten, lebenslang, wie es das Bild von Weinstock und Reben andeutet.
Ein Liedvers drückt es so aus:
„Des Weinstocks Saft mit Lebenskraft
Durchdringt die schwachen Reben.
Die edle Frucht, die Gott einst sucht,
dein Wirken wird sie geben.“
Verfasser: Willi Lückel
Planung und Kosten des Kirchenbaus
Zu Beginn dieses Jahrhunderts war das Presbyterium bereits mit der Planung und Vorbereitung des Kirchenbaues beschäftigt. Am 07. Juli 1901 verhandelte das Presbyterium in der alten Schule zu Schüllar-Wemlighausen nach dem Nachmittagsgottesdienst:
„Nachdem sich herausgestellt hat, dass der bisher vorgesehene Bauplatz, nämlich der unbenutzte Teil des Totenhofs, für die zu errichtende Kapelle zu klein ist … soll nunmehr die Kapelle auf dem östlichen Teil des Totenhofs erbaut werden, und zwar derart, dass die untere Hälfte des Kirchhofs angehöht und die obere abgetragen wird, damit so möglichst wenig Gräber angerührt werden.“
Im September 1901 wurde dem Presbyterium eine von „Herrn Bauinspektor Kruse“ aus Siegen angefertigte Bauskizze vorgelegt. Allerdings traf diese Skizze nicht auf Wohlwollen der Gemeindeleitung. „Der Entwurf wird indes nicht für genügend befunden, da nur 200 Sitzplätze vorgesehen sind, während bei ca. 800 Seelen 300 – 320 Plätze erforderlich sind. Aus diesem Grund beschließt das Presbyterium einen neuen Entwurf in Auftrag zu geben, der die gewünschte Anzahl der Sitzplätze berücksichtigt. Offenbar ging man von regem Gottesdienstbesuch aus.“
Finanzierung
Zur Finanzierung des Baus wurde ein vielfältiges Verfahren angewendet. Die Gemeinde errichtete eine „Baukasse“. Im Jahre 1905 betrug sie 23.581,57 Mark.
Sie setzte sich wie folgt zusammen:
- Auf Taufen und Hochzeiten gesammelt: 211,69 Mark
- In Gottesdiensten und Bibelstunden gesammelt: 563,49 Mark
- Haussammlungen in der Landgemeinde: 378,00 Mark
- Kirchensteuer: 1.569,04 Mark
- Kirchenkollekte in der Provinz: 3.217,17 Mark
- Hauskollekte in der Provinz: 16.665,98 Mark
- Geschenk der Provinzialsynode: 800,00 Mark
- Geschenk einzelner Personen u.a.: 179,97 Mark
- Aus Sparbuch des Odebornkapellenfonds überwiesen: 30,00 Mark
- Zinsen lt. Sparbuch 6661: 1.474,88 Mark
- Zinsen lt. Sparbuch 5593: 68,05 Mark
Summe: 25.158,27 Mark

Davon mussten jedoch noch einige Rechnungen beglichen werden, so dass 23.581,57 Mark zur Verfügung standen. Außerdem gab es Zusagen weiterer Beihilfen: vom Evangelischen Oberkirchenrat 3.000 Mark, von der Stadtgemeinde Berleburg 1.000 Mark. Vor der Provinzialsynode waren 600 Mark erbeten worden.
Insgesamt betrug der Barbestand 28.181,57 Mark. Veranschlagt war der Kirchenbau mit 36.000 Mark (Goldmark!).
Aus einer Sitzungsniederschrift vom 26.04.1906 ist zu entnehmen: „Um jedoch den dringlichen Bau nach Möglichkeit zu beschleunigen, sind wir bereit, die Aufnahme eines Darlehnes in Höhe des Fehlbetrages von 7.000 Mark zu beschließen.“
Aus heutiger Sicht ist es durchaus vorstellbar, mit dem Betrag von 36.000 Goldmark einen Kirchenbau durchzuführen. Bedenkt man, dass die Stundenlöhne der Maurer damals aus Pfennigbeträgen bestanden, so werden die genannten Summen nachvollziehbar.
Pfarrer in der Kirchengemeinde II
- Adolf Karl Koppen (1854 – 1857)
- Friedrich Reifenrath (1857 – 1867)
- Carl Jäger (1867 – 1878)
- Gottfried Herbers (1890 – 1892)
- Joh. Georg Hinsberg (1893 – 1900)
- Ernst Stenger (1900 – 1905)
- Paul Koch (1906 – 1926)
- Otto Pfeil (1927 – 1932)
- Karlfriedrich Müller (1932 – 1933)
- Paul Gerhard Konrad Bachmann (1934 – 1939)
- Otto Kunze (1943 – 1950)
- Albert Schäfer (1950 – 1969)
- Otto Kunze (1969 – 1977)
- Reinhardt Henrich (1977 – 1990)
- Detlev Schnell (1990 – 2000)
Vakanz
- Simone Conrad (2003 – 2005)
Ab 2006 gab es keine eigene Pfarrstelle mehr in Schüllar-Wemlighausen. Die Gottesdienste wurden durch Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Bad Berleburg ausgerichtet.
Entnommen aus dem Gemeindebrief Juni–August 2006, herausgegeben von der Evangelischen Kirchengemeinde Bad Berleburg. Ergänzt aus einem Heft „Gottes Gemeindehaus lebendiger Steine“.



