Chroniken und SehenswürdigkeitenDie ehemalige Pfarrei Schüllar

Schüllar hatte früher eine eigene Kirche und einen eigenen Pfarrer. Wann das Kirchspiel Schüllar entstanden ist, wissen wir nicht. In alter Zeit gehörte auch Schüllar wie alle Dörfer des oberen Odeborntales zur Kirche Raumland. 1370 jedoch wird uns ein Kirchspiel Schüllar genannt; in diesem Jahr nämlich verpfändet der in Geldnot befindliche Graf seine Güter und Einkünfte im Kirchspiel Schüllar mit anderem Besitz, darunter Schloss und Stadt Berleburg, für 1600 Gulden an verschiedene auswärtige Herren. Schon in dem Einkommensverzeichnis des Erzbistums Mainz, das Würdwein uns im 18. Jahrhundert überliefert hat – und das in das 13. Jahrhundert zurückreichen dürfte – wird die „parrochia Schonlare“, die Pfarrei Schüllar, genannt.

Über die Geschichte dieses Kirchspiels Schüllar gibt es viele unrichtige Angaben. Der letzte Messpriester soll ein gewisser Sikart aus Elsoff gewesen sein; Sikart oder Sikert war aber in Wirklichkeit der letzte Pastor der Odebornskirche, wie uns Crawelius in seiner Chronik berichtet. Wir wissen auch entgegen mancher Behauptung nichts davon, dass das Schüllarer Kirchweihfest berühmt war; auch hier liegt eine Verwechslung mit der Odebornskirche vor, zu deren Kirchweihfest im 15. Jahrhundert nach Crawelius auch Pfarrer der umliegenden Gemeinden eingeladen wurden. Der letzte Pfarrer in Schüllar soll nach gelegentlicher Meinung Keck oder Keckel geheißen haben und später Schulmeister in Berleburg gewesen sein. Auch das ist nicht belegt.

Häufig wird behauptet, dass 1570 die Pfarrstelle in Schüllar aufgehoben und das Dorf mit der Kirchengemeinde Berleburg verbunden worden sei. Auch diese Behauptung entspricht nicht den Tatsachen. Schon 1555 unterrichtete kein Pfarrer mehr in Schüllar, und der letzte Pfarrer soll das Dorf bereits Jahrzehnte zuvor verlassen haben. Es kann auch keine Rede davon sein, dass die zweite Pfarrstelle in Berleburg (die „Frühmesse“) die Einkünfte der ehemaligen Pfarrei Schüllar besessen habe.

Dies alles erfahren wir aus einem kleinen Büchlein, in dem Johannes Heugelius von 1569–1576 ausführlich über sein Einkommen als Pfarrer zu Berleburg berichtete. 1568 hatte das „große Sterben“, die Pest, in Berleburg mehr als 200 Einwohner sowie beide Pfarrer der Stadt hinweggerafft: Paul Asphe, der kurz zuvor von Raumland nach Berleburg berufen worden war, und Hermann Schmaltz, ein gebürtiger Raumländer, der seit 1519 zuerst katholischer, dann evangelischer Pfarrer in Berleburg war. In seinem Alter verzeichnete Schmaltz die dem Berleburger Pfarrer zustehenden Einkünfte; Heugelius übernahm dieses Verzeichnis in sein Büchlein.

Darin findet sich der Hinweis:

„1 meste habern von eynem iglichem hauße, zu Schueler, undt Wemelighausen, und datzu eyer, und 2 brode …“

Seit 1549 also, schreibt Schmaltz, habe er die Einkünfte von Schüllar ungehindert genossen. Also muss damals bereits die Pfarrei Schüllar mit der Berleburger Pfarrstelle verbunden gewesen sein. So erklärt sich, dass der Berleburger Schultheiß Cornelius in seiner Chronik nichts über den Abgang der Pfarrei Schüllar berichtet – er kannte den Vorgang wohl nicht mehr.

Die Eintragung lässt außerdem schließen, dass bei der Aufhebung der Pfarrstelle die Dörfer Homrighausen und Wemlighausen zu Schüllar gehörten. Ursprünglich gehörte zumindest Wemlighausen vermutlich zur Odebornskirche und könnte erst später – etwa um die Mitte des 15. Jahrhunderts – nach Schüllar gekommen sein. Klarheit ist hier nicht zu erreichen, zumal Cornelius um 1510 berichtet, dass Wemlighausen zeitweise wüst lag und erst 1523 wieder besiedelt wurde.

Pastor Heugelius war um seine Einkünfte besorgt und erkundigte sich nach den früheren Gefällen der Pfarrei Schüllar. Zwei Gewährsleute berichteten ihm: Gerlach von Wemlighausen und Rugnel von Schüllar. Gerlach erinnert sich an den Pfarrer Gottschalk, der noch drei Nachfolger hatte, die zusammen etwa 19 Jahre amtieren. Da Schmaltz bereits 1519 die Einkünfte Schüllars erhielt, muss Gottschalk spätestens um 1500 Schüllar verlassen haben.

Heugelius notierte außerdem:

„Es hott unser g. herr in verwarung ein großen und ein kleinen Kilch so der Kirchen Berleburg und capel Schuler zustehen.“

Am Rand findet sich die Notiz „Empfangen 6. Sept. Anno 1520“, offenbar eine Quittung über die Übergabe der Kelche der Kapelle Schüllar an die Kirche Berleburg. Auch zwei große Messingleuchter aus Schüllar führt Heugelius in seinem Inventarverzeichnis auf.

Ob die Kapelle in Schüllar zur Zeit des Heugelius noch stand, wissen wir nicht. Ein Bericht von 1915 behauptet, um die Wende des 18./19. Jahrhunderts sei ein Totengewölbe entdeckt worden, in dem mehrere Geistliche bestattet gewesen seien. Die Zuverlässigkeit dieser Nachricht ist fraglich, ebenso die verbreitete Meinung, die Kirche sei im Dreißigjährigen Krieg zerfallen.

Für die Annahme eines frühen Zerfalls spricht, dass die Kapelle in Schüllar in keiner Berleburger Chronik erwähnt wird. Im Büchlein des Heugelius kommt der Begriff „Kapelle Schüllar“ nur im Zusammenhang mit verlorenem Besitz vor, nicht als aktives Gotteshaus. 1573 wird lediglich erwähnt, dass die Kapelle oder „das heylig-Creutz zu Schuler“ eine Wiese in Wemlighausen besitzt – nicht, dass sie noch genutzt wird.

Als sich die Einwohner Schüllars 1585 am Bau der Einfriedung des Odebornkirchhofes beteiligten, hatten sie offenbar bereits keinen eigenen Kirchhof mehr. Auch der Graf quittierte 1520 den Empfang der Kelche – ein weiterer Hinweis darauf, dass die Kapelle bereits vor 1520 funktionslos wurde. Zudem mussten die Bewohner Schüllars beim Bau der neuen Berleburger Kirche 1574 dieselben Leistungen erbringen wie die Stadtbewohner, was nur Sinn ergibt, wenn sie regelmäßig dort zum Gottesdienst gingen.

Der Zerfall der Kapelle dürfte also bereits im 15. oder frühen 16. Jahrhundert eingesetzt haben. Die Entvölkerung der Region nach 1450 mag dabei eine Rolle gespielt haben. Mit dem baulichen Verfall endete schließlich auch die selbstständige Pfarrei.

Auszug aus einem Dokument, das keinen Namen eines Verfassers trägt.

Änderung vorschlagenLetzte Aktualisierung am 19. November 2025.