Chroniken und SehenswürdigkeitenDie Hohle
Die Hohle war der erste Weg aus dem Dorf hinauf zum Heidebach. Er wurde Hohle genannt, weil er ein tiefspuriger ausgefahrener 200 m langer Weg, steil den Berg hinauf war. Rechts und links an deren Seiten hatten sich die Bewohner der Dorfmitte seit über 200 Jahren Nutzgärten angelegt. Manch einer musste einen etwas längeren Weg zu seinem Garten in Kauf nehmen. Der Weg durch die Hohle wurde nicht angelegt, sondern er hatte sich im Laufe der Jahre so geformt. Durch die ständige Benutzung als Verkehrsweg und Viehtrieft wurde die Vegetation ständig gestört und es kam immer wieder zur Auflockerung des Bodens durch Hufe, Hufeisen und Wagenräder. Besondere Belastungen entstanden durch den bergab fahrenden Verkehr. Die Räder der Wagen wurden durch Äste zwischen den Speichen oder untergelegte Keile blockiert, um die Wagen zu verlangsamen oder zu bremsen. Durch das Regenwasser und die Schneeschmelze wurde das aufgelockerte Material immer wieder weggeschwemmt und der Weg vertiefte sich immer weiter, besonders an den steilen Stellen.
Es gab eine große Veränderung, als der neue Weg zum Heidebach hinauf gebaut wurde. Durch die vielen Kurven wurde die starke Steigung entschärft und in der Mitte durchschnitt der Weg zur Heide und den neuen Friedhof waagerecht die Hohle. Schnell wurde die Hohle von den Dorfbewohnern zur Müllkippe umfunktioniert. Alles was man nicht mehr brauchte wurde dort entsorgt. Manch einer fand auch etwas Brauchbares, z. B. für ein Paar alte Schuhe gab es bei dem Bürgermeister im 2. Weltkrieg einen Bezugsschein für ein Paar neue Schuhe. Ein gutes Geschäft.

Nach Erzählungen von Karl Heinz Graf und Manfred Lückel wurde in den letzten Monaten des 2. Weltkrieges in der Hohle von den Anwohner Schutz vor Luftangriffen gesucht. Besonders die obere Hohle war gut durch die hohe Böschung und Bewuchs von Eschenbäumen geschützt. Die Zuflucht suchenden Dorfbewohner hatten sich mit Brettern und Balken Unterstände gebaut. Es wurde sogar schon mal das Essen dort gekocht. Zwei Meter tiefe Gräben rechts und links der Hohle wurden ausgegraben, um bei Beschuss die Kugeln abzuleiten.
Anfang der 60 Jahre wurde die Hohle durch Aushub für die neue Schmiede und Werkstatt der Firma Bollhorst aufgefüllt. Das Viehtreiben war nicht mehr gefährlich, da sie sich nicht mehr an dem vielen Müll verletzen konnten. Selbst die inzwischen gummibereiften Wagen konnten den Weg nutzen, ohne platt zu fahren. Der neue Weg wurde immer mehr genutzt.
Schnell wurde auch eine neue Müllkippe zwischen dem oberen und unteren Heidebach in einem stillgelegten Steinbruch gefunden.
Adolf Grund (Kiepe) und Fritz Weber (Schüsterhermes) fuhren mit Pferdegespann und Gummiwagen (regelmäßig alle paar Wochen) durch das Dorf, um den Unrat einzusammeln und ihn zum alten Steinbruch zu fahren.
Aufgeschrieben von Karin Strackbein und Anne Grauel.
Wingeshausen, 27.08.2024/Süreth
